Die Kreiskirchenpflege soll verkleinert werden

Die katholische Kreiskirchenpflege Aarau soll von 16 auf 7 Mitglieder reduziert werden. Eine Mehrheit der Behörde hat einen entsprechenden Antrag an der Sitzung vom 28. April 2022 gutgeheissen. Die Reform bedingt eine Anpassung der Kirchgemeindeordnung und muss vom Kirchenrat der Landeskirche sowie von den Stimmberechtigten genehmigt werden.

Die katholische Kirche der Schweiz kennt als einzige katholische Kirche der Welt zwei gleichberechtigte Führungslinien: Die pastorale Linie kümmert sich um Gottesdienste, Seelsorge und Diakonie, die staatskirchenrechtliche um die Verwaltung und die Infrastruktur. Auf der pastoralen Seite befinden sich die Leitung der Pfarrei, die Seelsorgenden und Mitarbeitenden, auf der staatskirchenrechtlichen Seite gibt es die Kirchenpflegen, die von allen Stimmberechtigten demokratisch gewählt werden. Gemeinsam bilden die beiden Seiten das duale System der katholischen Kirche in der Schweiz.

In der Region Aarau gibt es eine weitere Besonderheit. Hier bilden die fünf Ortskirchgemeinden Aarau, Buchs-Rohr, Entfelden, Schöftland und Suhr-Gränichen die Kreiskirchgemeinde Aarau ›. Jede Kirchgemeinde hat eine eigene Exekutivbehörde, die Ortskirchenpflegen. Das sind Laiengremien, in welchen Freiwillige die Geschäfte der Kirchgemeinden in Ressorts betreuen. Die Präsidien der Ortskirchenpflegen haben Einsitz in der Kreiskirchenpflege. Diese Organisationsform besteht seit 1972. Sie ist aus der ehemaligen Kirchgemeinde Aarau zu einer Zeit entstanden, in der die Anzahl Katholiken in der Region dank Entwicklung, Bautätigkeit und Migration stark zunahm.

«Heute präsentiert sich die Situation anders als vor 50 Jahren», argumentiert Markus Greiner, Präsident der Ortskirchenpflege Aarau. «Angesichts der Kirchenaustritte von jährlich 1,5 bis 2 Prozent und stagnierender Steuererträge ist es ein Gebot der Stunde, die Organisationsform der Kreiskirchgemeinde zu überdenken und zu reformieren. Es wird auch immer schwieriger, Freiwillige zu finden, die sich ehrenamtlich in einer Behörde engagieren.» Deshalb soll die Kreiskirchenpflege signifikant verkleinert und so für künftige Entwicklungen fitgemacht werden. Heute besteht sie aus 16 Personen. Dazu zählen fünf an der Urne gewählte Mitglieder mit Ressortverantwortung (Liegenschaften, Personal, Finanzen usw.), die Präsidentin Rita Walker, die Präsidien der fünf Ortskirchenpflegen und – von Amtes wegen – die pastoralen Leitungspersonen der fünf Pfarreien.

Die Antragsteller wollen das Gremium nun auf sieben Personen verkleinern. Künftig sollen die Präsidien der fünf Ortskirchenpflegen und zwei Leitungspersonen aus den Pfarreien das Gremium bilden. Es ist vorgesehen, dass die Leitung analog zum Modell des Bundesrats jeweils für ein Jahr an einen Ortskirchenpräsidenten als Primus inter pares übertragen wird. Sachgeschäfte sollen an die Ressortverantwortlichen in den Ortskirchenpflegen delegiert werden, die sich projektbezogen als Arbeitsgruppen organisieren und auf diese Weise die Vernetzung und den Wissensaustausch sicherstellen. Dank dieser Reduktion werde die Behörde effizienter, und Entscheide könnten schneller gefasst werden, so Markus Greiner.

Bedenken gibt es hinsichtlich des angeschlagenen Tempos der Reformvorschläge. Geht es nach dem Willen der Antragsteller, werden die stimmberechtigten Katholiken bereits im kommenden Juni oder August an einer ausserordentlichen Versammlung der Kreiskirchgemeinde die Reform verabschieden, damit die Erneuerungswahlen vom November für die Amtsperiode 2023–2026 entsprechend vorbereitet und abgehalten werden können. Zweifel bestehen auch, ob es gelingen wird, künftig genügend Freiwillige für die Behördentätigkeit zu finden, da davon auszugehen ist, dass die zeitliche Belastung der einzelnen Mitglieder im Zuge der Reform zunehmen dürfte.

Bevor die rund stimmberechtigten Katholiken über eine Reduktion der Kreiskirchenpflege befinden können, muss der Kirchenrat der Landeskirche das Begehren beurteilen, und die anzupassenden Reglemente werden einer juristischen Prüfung unterzogen.

 


29. April 2022 | Dani Schranz