Beteiligung am «synodalen Prozess»

Der synodale Prozess «Wir sind ganz Ohr» in der Pfarrei Buchs-Rohr

Wie nähere ich mich dem von Papst Franziskus angestossenen Prozess «Wir sind ganz Ohr» › in einem Artikel an, ohne dass er gleich eine wissenschaftliche Arbeit wird? Ich habe mich entschieden, ein paar Schlaglichter darauf zu werfen.

Ablauf von «Wir sind ganz Ohr» in der Pfarrei St. Johannes
Im Pfarreizentzentrum St. Johannes in Buchs fanden im Herbst 2021 zwei «Pasta-Talks» zum Thema «Wir sind ganz Ohr» statt: Am 5. November nahmen 11 Jugendliche und am 25. November 12 Erwachsene daran teil, und am Schluss wurde die Umfrage von jeder Gruppe am PC ausgefüllt.

Am 13. Januar 2022 endete die First für die Auswertung zu «Synodaler Prozess zur Synode 2023 – Bistum Basel – Ergebnisse aus den Dialoggruppen». Nun war es möglich, die Umfrageergebnisse der Pfarreiangehörigen der Pfarrei St. Johannes mit dem bistumsweiten Gesamtergebnis zu vergleichen. Dieser Schlussbericht wurde im Auftrag des Bistums vom Meinungsforschungsinstituts gfs Bern › erstellt.

Um das zu ermöglichen, stellten Erika Kunz und Yvonne Zwyssig eine Ausstellung in der Kapelle auf die Beine. Jedermann konnte vom 1. bis 18. Februar 2022 in Ruhe die Ergebnisse aus der Pfarrei mit den Grafiken und Erläuterungen des gfs-Berichts vergleichen.

In welchem Verhältnis stehen die Antworten der Buchser-Rohrer zur gfs-Analyse?
Das lässt sich nicht pauschalisieren. Aber greifen wir doch das Unterthema «Gebet als Inspiration» aus dem Themenfeld Feiern heraus, und vergleichen die Buchser-Rohrer Antworten mit den bistumsweiten Antworten gemäss der gfs-Analyse. Zu diesem Themenkomplex lagen in Buchs-Rohr 2 Tischsets mit 9 Antworten vor. 4 der Antworten lassen sich eindeutig der gfs-Rubrik «Gebete fördern Lebensfreude und Gemeinschaftsgefühl» zuordnen. Je 1 Antwort bestätigt, dass «Grundwerte verbinden: Die Grundwerte, welche durch den Gottesdienst und das Gebet vermittelt werden» bzw. «Spirituelles Gemeinschaftserlebnis: Der Gottesdienst und das Gebet sorgen für ein Gemeinschaftserlebnis»

Unter die Rubrik «andere Antworten» fallen bei den Buchser-Rohrer 3 der Antworten. Vergleicht man die Reihenfolge der Gewichtung der einzelnen vier Antworten so entspricht Buchs-Rohr in diesem Unterthema nicht der gfs-Analyse:

gfs-Analyse

  1. Grundwerte verbinden (durch Gebete und Gottesdienst) (44%)
  2. Gebete fördern Lebensfreude und Gemeinschaftsgefühl (38%)
  3. Spirituelles Gemeinschaftserlebnis (durch Gebete und Gottesdienst) (34%)
  4. andere Antworten (27%)

Buchs-Rohr

  1. Gebete fördern Lebensfreude und Gemeinschaftsgefühl (44,4%)
  2. andere Antworten (33,3%)
  3. Grundwerte verbinden (durch Gottesdienst und Gebete) (11,1%)
  4. Spirituelles Gemeinschaftserlebnis (durch Gottesdienst und Gebete) (11%)

Diese unterschiedliche Gewichtung ist für mich als Pfarreiseelsorgerin von St. Johannes nicht überraschend, denn zumindest die Chinderchile ist seit dem Abebben der Coronapandemie wieder so zurückhaltend besucht wie vor der Pandemie. (Zur Zeit der Pandemie hatten wir bis zu 48 Mitfeiernde, weil eben alles andere verboten und nur noch der Gottesdienst möglich war, worüber die Eltern sehr froh waren.) In Gesprächen erfahre ich immer wieder, wie wichtig den einzelnen Gläubigen das persönliche Gebet ist. Der Gottesdienst findet in dem eng getakteten Wochenprogramm fast keinen bis gar keinen Platz mehr (ausser vielleicht noch an Weihnachten und Ostern).

Gibt es ein Themenfeld, das ohne die gfs-Rubrik «andere Antworten» auskommt?
Nein, in allen 7 Themenfeldern gibt es Antworten, die in dieser Rubrik gehören. Damit entsprechen die Buchser-Rohrer Antworten der gfs-Analyse.

Gibt es ein Themenfeld, bei dem alle Antworten in die Rubrik «andere Antworten» fallen?
Ja, beim Themenfeld «Zuhören» und zwar bei allen drei Unterthemen, die von den Buchser-Rohrer bearbeitet wurden. In der gfs-Grafik ist der Balken «andere Antworten» natürlich nicht besonders aussagekräftig. Deshalb lohnt es sich, diese Antworten auf den Tischsets genauer unter die Lupe zu nehmen. Die Unterthemen «Wo wird man gehört?» bzw. «Wo wird man nicht gehört?» wurden mehrheitlich von Oberstufenschülern ausgefüllt, denn der Jugendtreff «Life» und der Religionsunterricht kommen auf den Sets vor. Wenn man diese Antworten nebeneinanderlegt, dann ergeht es einem wie dem Ehepaar, dessen Stimmabgabe sich gegenseitig neutralisiert, weil der Eine Ja und die Andere Nein stimmt. Und doch ist es wichtig, dass beide Stimmen abgegeben werden wegen der Stimmbeteiligung. Die einen Schüler brachten fürs Gehörtwerden den Jugendtreff «Life» und den Religionsunterricht als Beispiel, die anderen genau die zwei gleichen Angebote fürs Nichtgehörtwerden. Ein Oberstufenschüler nannte fürs Gehörtwerden «im Gottesdienst, wenn man was sagt.» Hier kommt die Erfahrung des selbstwirksamen Auftretens vor der versammelten Gottesdienstgemeinde zum Ausdruck. Eine Oberstufenschülerin bezeugt zum gleichen Unterthema ihren Glauben mit den Worten: «Wenn ich allein in der Kirche bete, ich glaube, dass Gott* mit zuhört. (*Es gibt nur einen Gott, egal welchen Glauben Mann/Frau hat.)»

Gibt es Themenfelder, bei denen alle vorgelegten Unterthemen bearbeitet wurden?
Ja, das ist zweimal der Fall. Und zwar beim Themenfeld «Feiern» mit den Unterthemen «Gebet als Inspiration», «Gottes Wort als Entscheidungshilfe», «Förderung Teilnahme Gottesdienst» und beim Themenfeld «In der Kirche und Gesellschaft den Dialog führen»  mit den Unterthemen «Guter Dialog», «Umgang mit Konflikten», «Dialog mit anderen Konfessionen».

Für alle, die Zahlen und Übersichten lieben: Einige Infos zu gewählten (bzw. weggelassenen) Themenfeldern und Unterthemen
Der Papst und mit ihm die Schweizer Bischofskonferenz haben 10 Themenfelder mit insgesamt 27 Unterthemen zur Beantwortung vorgelegt. Für den Pasta-Talk wurden diejenigen 7 Themenfelder ausgewählt, die auch von Oberstufenschülern bearbeitet werden konnten. Diese Unterthemen waren auf Tischsets aufgedruckt und nach Themenfelder ausgelegt worden, so dass jede Person sich das Tischset nehmen konnte, welches ihr entsprach.

Insgesamt wurden im Pasta-Talk und im Unterricht mit den Oberstufenschülern 33 Tischsets zu 14 Unterthemen (von 21 möglichen) der 7 Themenfelder (von 10) beantwortet.

Übersicht der für St. Johannes ausgewählten Themenfelder inkl. bearbeiteter Unterthemen. Nicht bearbeitete Themen sind kursiv gesetzt.

Weggefährten

  1. Wer gehört dazu?
  2. Wer wird ausgeschlossen?
  3. Wer gestaltet? (3 Tischsets)

Zuhören

  1. Wo wird man gehört? (4 Tischsets)
  2. Wo wird man nicht gehört? (3 Tischsets)
  3. Wo werden Randgruppen gehört?
  4. Hindernisse für das Zuhören? (2 Tischsets)

Wort ergreifen

  1. Erlebte Kommunikation
  2. Was erleichtert Kommunikation? (4 Tischsets)
  3. Was hindert Kommunikation? (2 Tischsets)

Feiern

  1. Gebet als Inspiration (2 Tischsets)
  2. Gottes Wort als Entscheidungshilfe (2 Tischsets)
  3. Förderung Teilnahme Gottesdienst (1 Tischset)

Mitverantwortung in der Sendung

  1. Einstehen fĂĽr den Glauben (2 Tischsets)
  2. UnterstĂĽtzung durch Kirche
  3. Zusammenspiel Kirche – Pfarrei

In der Kirche und der Gesellschaft den Dialog fĂĽhren

  1. Guter Dialog (1 Tischset)
  2. Umgang mit Konflikten (2 Tischsets)
  3. Dialog mit anderen Konfessionen (1 Tischset)

Sich in der Synodalität bilden

  1. Gemeinsamen Weg möglich machen (4 Tischsets)
  2. Hilfsmittel und Hilfestellungen fĂĽr den Dialog

Auf grösste Resonanz mit je 4 Tischsets stiessen die Unterthemen «Gemeinsamen Weg möglich machen» (aus dem Themenfeld «Synodalität»), «Was erleichtert Kommunikation?» (aus dem Themenfeld «Das Wort ergreifen») und «Wo wird man gehört?» (aus dem Themenfeld «Zuhören»).

Je nur 1 Tischset bekamen «Förderung Teilnahme Gottesdienst» (aus dem Themenfeld «Feiern») und aus dem Themenfeld «In der Kirche und der Gesellschaft den Dialog führen» die beiden Unterthemen «Guter Dialog» und «Dialog mit anderen Konfessionen».

Ăśbersicht der fĂĽr St. Johannes weggelassen Themenfelder inkl. Unterthemen

Austausch mit anderen christl. Konfessionen:

  1. Beziehung zu anderen christlichen Konfessionen

Autorität und Teilnahme:

  1. Entscheidungsfindung
  2. Mitverantwortung

Unterscheiden und Entscheiden:

  1. Geistliche Prozesse
  2. Atmosphäre des Vertrauens
  3. Transparenz und Rechenschaft

Vergleicht man diese drei weggelassenen Themenfelder mit den gemäss der gfs-Analyse der drei Schlusslichtern in der Bearbeitung der Themenfelder, dann fällt auf, dass die beiden Themenfelder «Austausch mit anderen christlichen Konfessionen» und «Unterscheiden und Entscheiden» auch in der gfs-Analyse zu den drei Schlusslichtern gehören. Das dritte Schlusslicht bei der gfs-Analyse bildet das Themenfeld «Sich in der Synodalität bilden». In diesem Punkt unterscheiden sich die Buchser-Rohrer vom Bistumsdurchschnitt.


18. Oktober 2022 | Elisabeth ZĂĽrcher Heil