«Es ist munter.»

Erste Erfahrungen mit dem «Café Paula»

Burghard Förster: «Wir verwenden keinen Franken aus der Kirchensteuer fürs Café.»

Vor rund drei Monaten wurde das «Café Paula» im Offenen Pfarrhaus in Aarau eröffnet. Zeit für eine erste Zwischenbilanz. Wir erreichen Burghard Förster, den Leiter der Pfarrei Peter und Paul, am Freitagmittag am Handy im Pausenraum des Gastro-Bildungs-Zentrums in Lenzburg, wo er sich «in meiner Freizeit!» auf die Wirtefachprüfung vorbreitet. Wenn ein Betrieb «gewerbsmässig Speisen und Getränken vor Ort verkauft», verlangt der Gesetzgeber im Kanton Aargau ein Wirtepatent. Das ist im Café Paula der Fall.

Es ist immer am Donnerstag- und Freitagnachmittag von 14 bis 17 Uhr geöffnet. Gleich nach dem Mittag kämen oft von Armut betroffene Gäste oder Menschen mit Migrationserfahrung ins Café, später dann Familien. Noch gelte es, das Café bei der Bevölkerung bekannter zu machen, aber während der Wintermonate sei häufig kaum ein Platz unbesetzt geblieben, «da war es oft sehr umtriebig».

Das Angebot ist schlicht gehalten. Es gibt Kaffee, Tee, Chai, Sirup und ein Tagesgebäck in drei Preiskategorien: ein offizieller Preis, ein verminderter und ein «Danke!»-Preis, der eine Art Kollekte miteinschliesst. Da kein Konsumzwang besteht, ist das Café nicht selbsttragend. Der Betrieb wird ausschliesslich durch Spenden und durch Zuwendungen von Stiftungen ermöglicht. «Es ist wichtig zu wissen, dass das Budget der Pfarrei nicht tangiert wird. Wir verwenden keinen Franken aus der Kirchensteuer fürs Café», betont Förster. Er lenkt das Gespräch auf die zahlreichen Freiwilligen, die unentgeltlich mitarbeiten und betont den Wert der Zusammenarbeit mit dem Netzwerk Asyl sowie der Kirchlich Regionalen Sozialdienste, die in den Räumen des Offenen Pfarrhauses unterstützungsbedürftige Menschen begleiten. Allgemein sei das Interesse am diakonischen Angebot der Pfarrei gross. «Heute war eine Schulklasse zu Besuch, es gehen Leute von der Caritas ein und aus, und auch die ‹aufsuchende Asylarbeit› nutzt die Räume des Offenen Pfarrhauses für ihre Tätigkeit.» Auch ausserhalb der Öffnungszeiten des Cafés halten sich viele Menschen in der Pfarrei auf. Schüler machen Hausaufgaben, Geflüchtete lassen sich beraten, Armutsbetroffene treffen sich zum Austausch. Grundsätzlich kann sich Burghard Förster vorstellen, die Öffnungszeiten des Cafés auszubauen, damit Interessierte weniger an feste Zeiten gebunden sind. Und es gibt auch Überlegungen, das Café mit einem Mittagstisch zu verbinden.

Schon nach drei Monaten hat die Pfarrei einige der gesetzten Ziele erreicht. «Wir mussten die ‹Kunden› ja nicht suchen, die Menschen waren so oder so da. Wir haben mit dem Café Paula nun eine Struktur erschaffen, in welcher einerseits viele Menschen mitarbeiten können – das war ein hohes Ziel, und es funktioniert vorzüglich – andererseits ist das Haus gastfreundlicher geworden, und die Durchmischung der Menschen gelingt besser. Es entsteht ein gutes Miteinander. Insofern kommt es zu einer Sinnerweiterung. Es entstehen mehr Kontakte unter den Menschen, und man lernt sie auf eine persönlichere Weise kennen.» Insgesamt herrsche ein respektvoller Umgang zwischen Mitarbeitenden und Gästen, und die Qualität der Begegnungen komme dank der gastro-sozialen Komponente des Cafés voll zur Geltung. «Es gibt einen grossen Unterschied zwischen einem Raum mit einem Kaffeeautomaten und dem Café Paula.» Ausserdem führe die Kombination der Angebote – Eltern lernen Deutsch, während Kinder betreut werden – zu einer Erweiterung und Verknüpfung der Dienstleistungen des Offenen Pfarrhauses. «So ist immer viel los, aber es ist munter, und es ist lebendig.»

Burghard Förster muss gleich weiter, zurück ins Schulzimmer. Strebt er als künftiger Gastwirt bereits dem ersten Michelin-Stern entgegen? «Warum nicht? Vielleicht gibt es ja so eine Art gastro-soziale Michelin-Sterne. Einen solchen hätte ich schon gern.»


10. Februar 2025 | Dani Schranz