Pfingsten – Verständigung in der globalisierten Welt

„Pfingsten, sind die Geschenke am geringsten, während Ostern, Geburtstag und Weihnachten was einbrachten,“ so hat es Berthold Brecht einmal formuliert.
Dieser Satz mag tatsächlich den Umstand umschreiben, dass Pfingsten generell ein schwer verständliches Fest darstellt. Es fehlt ihm z.B. jene vorbereitende Zeit wie der Advent vor Weihnachten oder die Fastenzeit und die Karwoche vor Ostern. Und es gibt keine pfingsttypische Dekoration an und in den Häusern sowie in den Strassen, keine pfingsttypischen Geschenke.
Nichtdestotrotz lässt die Beschreibung des Pfingstgeschehens oder des Pfingstwunders in der Apostelgeschichte an ein modernes Phänomen denken: die Globalisierung. Mit diesem Phänomen verbinden zunächst die meisten Menschen eine eher negative – ja sogar bedrohliche – Entwicklung: globale Migrationsströme, Überfremdung, Klimawandel, Dichtestress, Verlust der kulturellen und religiösen Identität, der nationalen und staatlichen Souveränität.
Gemäss Apostelgeschichte muss auch damals in Jerusalem eine globale Stimmung geherrscht haben. Die Rede ist von «allen Völkern unter dem Himmel»: Juden, Parther, Meder und Elamiter, Bewohner von Mesopotamien, Judäa und Kappadozien, von Pontus und der Provinz Asien, von Phrygien und Pamphylien, von Ägypten und dem Gebiet Libyens nach Zyrene hin, auch Römer, Kreter und Araber.
Neben dieser beeindruckenden Vielfalt scheinen in Jerusalem – ähnlich wie in unserer heutigen globalisierten Welt – auch Verunsicherung, Verständnisprobleme und letztendlich auch Sprachlosigkeit geherrscht haben. Und dies in einem Ausmass, dass Gott selbst sich veranlasst fühlte einzugreifen: Die Jünger Jesus werden mit der Gabe des Heiligen Geistes erfüllt und reden auf einmal so, dass es für alle verständlich wird, über alle Grenzen hinaus.
Es gibt offenbar eine Sprache, die alle verstehen. Das zweite Kapitel der Apostelgeschichte endet mit dem Hinweis, dass infolge des Pfingstereignisses alle, die gläubig wurden, alles miteinander teilten, füreinander sorgten und dadurch beim Volk bekannt und beliebt wurden und die Zahl der Gemeindemitglieder täglich wuchs.
Das Geheimnis von Pfingsten ist offenbar nicht einfach ein Sprachenwunder, bei dem plötzlich alle grammatikalisch korrekt und fliessend eine bestimmte Sprache auf wundersame Weise beherrschen. Die Jünger Jesu verkündeten vielmehr einen Gott, der in Jesus Christus dem Menschen auf Augenhöhe begegnet, mit den Menschen ihren Leidensweg mitgeht und für die Menschen immer da ist. Und dieses Sprechen von einem mitfühlenden, helfenden und solidarischen Gott scheint damals über alle ethnischen und kulturellen Grenzen hinaus auf Anhieb verstanden worden zu sein und ein nachhaltiges Verständigungswunder bewirkt zu haben. Diesen Geist der Verständigung braucht unsere globalisierte Welt mehr denn je.
Dank Pfingsten dürfen wir uns als Christinnen und Christen vom Geist der Gottes Liebe reich beschenkt wissen, und dieses Geschenk auch weitergeben. Pfingsten, sind die Geschenke doch nicht am geringsten. Samuel Behloul.