«Gott ist nicht berechnend.» Rückblick zur Entfelder Bettagsfeier 2025

Zur diesjährigen ökumenischen Gottesdienstfeier zum Eidgenössischen Dank-, Buss- und Bettag versammelten wir uns am 21. September in der katholischen Kirchen St. Martin Entfelden. Die von Jung und Alt sehr gut besuchte Feier wurde gestaltet von den beiden Pfarrern der ref. Kirchgemeinden Ober- und Unterentfelden, Andy Wahlen und Peter Raich, dem Pfarrer der Syrisch-Orthodoxe Gemeinde Entfelden, Michael Azziz,  von Ana Behloul, Pfarreiseelsorgerin und Samuel Behloul, Pfarreileiter der Katholischen Pfarrei St. Martin Entfelden sowie von den Schülerinnen und Schülern der 4./5. Klassen von Ana Behloul.

Der Dank-, Buss- und Bettag ist uns alljährlich der Anlass, staunend zu erfahren, dass unser kleines und schwaches Leben seinen Sinn in Gott selber haben darf. Und mögen wir uns von Gott noch so sehr entfremden, für Gott sind wir nie Fremde. Er lässt uns unsere eigenen Wege gehen, aber selbst in grösster Not und im tiefsten Fall bleibt die Möglichkeit zur Umkehr offen. «Umkehr. Zurück ins neue Leben.» Das war auch die thematische Ausrichtung der diesjährigen Entfelder Bettagsfeier. In seinem Predigtwort zur Geschichte vom verlorenen Sohn (Lk 15, 11-22) zeigte Pfr. Andy Wahlen mit kontrastierenden Bildern die menschliche Logik und den Umgang Gottes mit menschlichem Scheitern. Drei äussert unterschiedlichen Charaktere stehen im Mittelpunkt einer dramatischen Familiengeschichte: ein Sohn, der als Lebemann mit seinem Erbteil zunächst auf hohem Fuss lebt, um schliesslich ganz tief bei den Schweinen zu landen; ein Vater, dessen grenzenlos verzeihende Liebe den fleissigen, sparsamen und verantwortungsbewussten zweiten Sohn regelrecht vor den Kopf stösst. Man kann sich, so Andy Wahlen in seiner Predigt, zunächst schnell in die Gefühlswelt jeder dieser Akteure hineinversetzen, bis auf den Vater vielleicht. Denn so, wie er mit dem Leichtsinn und dem letztendlich abgrundtiefen Scheitern seines jüngeren Sohnes umgeht, das irritiert gewaltig. Auch uns heute, 2000 Jahre danach. Und zugleich stellt uns jeder der drei Charaktere aus dieser bildstarken biblischen Geschichte vor die Frage, wie würde ich in einer solchen Situation handeln, sei es als jüngerer oder als älterer Sohn oder sei es als Vater.

Der jüngere Sohn ist ein Sinnbild für Verfehlungen und Abstürze, wie sie typisch für ein menschliches Leben sind; Er steht aber auch für Einsicht und Reue, für das Wiederaufrichten, für den Neubeginn. Der Vater wiederum verkörpert Gottes Barmherzigkeit, über alle Denkzwänge und Massregelungen hinweg. Und der ältere Sohn? Das ist die gewohnte Logik unseres menschlichen Denkens – Zurechtweisung, Schuldzuweisung, rein berechnendes Denken.
Gott ist nicht berechnend, Gott ist barmherzig. Er ruft uns zur Umkehr, und zwar nicht um uns zu massregeln, sondern um uns neu aufzurichten und uns zu zeigen, dass selbst in grösster Not und nach dem tiefsten Fall die Möglichkeit zur Umkehr und zum neuen Leben besteht. Bettag, auch als Busstag, soll uns daran erinnern, was der eigentliche Schlüsselbegriff unseres christlichen Glaubens ist – die Barmherzigkeit. Denn, so Andy Wahlen in seiner Predigt: «Unser himmlischer Vater will nicht, dass wir ins Gericht kommen und dort zugrundegehen, er will, dass wir gerettet werden. Er ist ein gnädiger Gott, der uns bedin­gungslos annimmt, er fragt nicht lange: „warum hast du das angestellt?“ Er sagt: „Ich habe dich gern und will dir vergeben.“ Die einzige Bedingung, die er stellt, ist, dass es uns wirklich leid tut und dass wir ihn um Vergebung bitten und sein Angebot der Vergebung annehmen. Der Vater läuft uns damit nicht nach, er will sich uns nicht aufdrängen. Aber er freut sich, wenn wir zu ihm umkehren wie der Jüngling, eben Busse tun.»
Bettag, auch als Busstag, soll uns daran erinnern, was der eigentliche Schlüsselbegriff unseres christlichen Glaubens ist – die Barmherzigkeit Gottes. Diese ist aber nicht dadurch bedingt, dass wir gute Werke tun. Ihre einzige Bedingung ist, dass wir unsere Verfehlungen bereuen und Busse tun, d.h. umkehren. Und wenn wir das tun, «passiert das gleiche, wie mit dem ver­lorenen Sohn: Der Vater macht ein riesiges Freuden­fest, er freut sich mit uns, dass wir befreit worden sind und gibt uns das auch zu spüren.»

Der Dank- Buss- und Bettag fällt jedes Jahr zeitlich auch in die Schöpfungszeit, die vom 1. September bis zum 4. Oktober stattfindet. In diesem Zeitraum wird jeweils auch das Erntedankfest gefeiert. Und so haben die Schülerinnen und Schüler der 4./5. Klasse von Ana Behloul in sehr eindrücklicher Weise die Fürbitt- und Dankgebete gestaltet. Sie luden die Gottesdienstteilnehmende mit ihren Texten, die sie im Religionsunterricht vorbereitet haben, dazu ein, solidarische Menschen zu sein, die miteinander teilen und dankbar sind für die Gottes Schöpfung. «Egal woher man kommt, welche Sprache man spricht, ob man dunkle oder helle Haare hat. Alle Menschen sind die Kinder des einen und des gleichen Gottes.» – so das Abschlussgebet zu den Fürbitten der Schülerinnen und Schüler, zu dessen Abschluss sie die gesamte Gottesdienstgemeinschaft einluden, sich die Hände zu reichen und gemeinsam das Vater Unser Gebet zu beten.

Die diesjährige Bettagsfeier wurde gesanglich und musikalisch vom St. Martin Kirchenchor gestaltet. Im Gesang fühlten wir uns über Konfessions-, Sprach- und Kulturgrenzen im christlichen Geist vereint. Und ebenso in Gebeten, sei es im Lob der Dreifaltigkeit auf Aramäisch oder im Vater unser, waren wir eine christliche Familie – betend und dankend in der Nachfolge Jesu, der uns zur Umkehr ruft.

Beim interkulturellen und reichhaltig aufgedeckten Apéro im Pfarreizentrum wurden die Stühle fast schon zu knapp in Anbetracht der erfreulich grossen Besucherzahl. Jung und Alt fühlten sich sichtlich wohl und blieben weit über die Mittagszeit hinaus im Austausch und Gesprächen zusammen.

Herzlichen Dank allen, die in verschiedener Weise zum Gelingen des diesjährigen ökumenischen Bettages beigetragen haben. Besonderer Dank gilt dabei allen Bäcker*Innen und Köch*Innen für das Zubereiten der köstlichen Apéro-Speisen und der Gruppe Ökumene für den gesamten Service. Samuel Behloul