Reich Gottes, Vielfalt und gemeinsame Verantwortung
Ist, was ein Pastoralraum oder eine Pfarrei tun bzw. Gruppen und Menschen anbieten, vorstellen, praktizieren, entwickeln, als Leitbild entwerfen, «reich-gottes-verträglich» oder nicht? Diese Frage stellte und stellt der Schweizer Theologe Urs Eigenmann anlässlich jeder von ihm begleiteten Revue von dem, was ist, und dem, was sein könnte – z.B. in einem Pastoralraum. Es ist ein wichtiges theologisch-praktisches Kriterium, um zu gemeinsamen Entscheidungen zu finden über das, was weitergeführt, beendet oder ganz neu initiiert wird. Dieses Kriterium ist ein theologisches und zugleich politisches und säkulares, wie es das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit als entscheidende Grösse jesuanischer Praxis war und ist.
Bei der Einschreibefeier für die jugendlichen Firmand:innen wurde «Eucharistie-anders», getragen von einer Gemeinschaft von Jung und Alt um den Tisch, praktiziert. Die kritisch befreiende Wiederentdeckung des Sonntages und seiner subversiven Kraft wird nur als Projekt des Pastoralraumes gelingen können. (Foto: Pfarrei Buchs-Rohr)
Papst Leo schreibt in seiner gerade erschienenen Exhortation «Dilexi te»: «Die Lebenssituation der Armen ist ein Schrei, der in der Geschichte der Menschheit unser eigenes Leben, unsere Gesellschaften, die politischen und wirtschaftlichen Systeme und nicht zuletzt auch die Kirche beständig hinterfragt» (Nr. 9). Was heisst das nun ganz konkret für die Kirche vor Ort? Wäre die entscheidende Frage. Wie nimmt das Gestalt an in der Bildung, in der Katechese, in der Liturgie, in politisch-gesellschaftlicher Praxis, in der Offenheit unserer Räume, in der Bereitschaft, komplett «über die Bücher» zu gehen?
Der jährliche mehrtägige Ferienplausch für Kinder ist ökumenisches Projekt, das Familien eine «Auszeit» gewährt und darum grossen Zuspruch erlebt. (Foto: Pfarrei Buchs-Rohr)
In der kleinsten Pfarrei des Pastoralraumes beginnt das Bewusstsein Fuss zu fassen, dass wir uns nur gemeinsam mit anderen dem werden stellen können. Wichtig ist, dabei auch vor Ort schon anzufangen, das eine zu verabschieden, um «reich-gottes-verträglich» Kirche anders aufzubauen. Es gab in den letzten zwölf Monaten diverse ermutigende Ansätze, grosses persönliches Engagement von Freiwilligen und angestellten Mitarbeiter:innen: Bewährtes und Neues. Es gibt nach wie vor ein breites ökumenisch getragenes Angebot für Ältere und Junge, vom Mosaik bis zum Ferienplausch, Gottesdienste für Ungläubige, Zweifler und andere gute Christinnen, Ansätze zu integralen Feiern mit Projektsingen, und zur Bildung im Rahmen befreiender Theologien, theologisch-praktische Aktionen für Hand und Herz, erste Ideen zu neuen Formen von Gemeinschaft und Öffnung, pfarreiübergreifende Zusammenarbeit, und auch hier weiterführendes Zusammenstecken kreativer Köpfe.
Das Pfarreiteam hatte Ende 2024 zwar eine kritische Teamgrösse unterschritten, denkt aber mit Fantasie und Offenheit – wie ausgeführt – weiter. Aufgrund diverser Verschiebungen auch nach dem Heimgang von Ruedi Rieder, dessen Andenken viele Menschen bewegt, konnte ab 2026 eine 50-Prozent-Stelle im pastoralen Bereich ermöglicht werden. Dabei sind alle Teammitglieder bereit, über Pfarreigrenzen hinauszudenken – und nicht nur zu denken, wie gesagt.
10. Oktober 2025 | Peter Bernd