Globaler Klimastreik: Wenn Kirche auf der Strasse entdeckt wird

Dass am kommenden Freitag anlässlich des globalen Klimastreiks auch Christinnen und Christen aus ihrer biblischen Verwurzelung heraus oder, anders gesagt, aus der Überzeugung ihres Glaubens heraus, unter den Demonstrierenden auf der Strasse sein werden, davon kann sicher ausgegangen werden.
Grundsätzlich gilt, dass in jeder beherzten Antwort darauf, was in der Wirklichkeit passiert, wie sie uns tagtäglich in vielen Bildern und im Sprechen von Mächtigen entgegenkommt in verschiedensten Weisen der Ausbeutung von Natur und Menschen, ganz sicher das aufscheint, was biblisch Kirche meint. Der Befreiungstheologe Jon Sobrino sagt einmal: «Und indem man auf die Realität antwortet, erfährt man – explizit oder implizit – Gott in der Geschichte» (Spiritualität und Nachfolge Jesu, in: Mysterium Liberationis, Bd. 2, hrsg. v. Ignacio Ellacuría und Jon Sobrino, Luzern 1996, 1087-1114, 1097).
Es ist ein wichtiger Schritt, «implizite Kirche» anzuerkennen, sprich das Engagement von Menschen für eine andere Welt theologisch zu würdigen und dabei kein «Mehr» an Bekenntnis zu erwarten, damit ein Tun von Menschen auch ein Tun von Kirche sei. In ihrem Tun manifestiert sich Kirche. Vielleicht wäre es der wichtigere Schritt, sich davon inspirieren zu lassen, im Sinne von Wirkmächtigkeit, biblisch gesprochen von Zeugnis, auch als «explizite» Kirche dort und in vielen anderen Kontexten sichtbar und hörbar zu werden.

An dieser Stelle soll mit dem Hinweis auf den bevorstehenden globalen Klimastreik der Platz der Kirche formuliert sein. Ihr Platz kann hier nicht strittig sein und wäre mit Blick auf die Mitte der Bibel eindeutig. – Und eindeutig ist darum auch Papst Franziskus, aus dessen Enzyklika Laudato Si eine Reihe von Zitaten folgen.
Wer nicht alleine zur Demo gehen will, kann sich gerne mit anderen Kirchenengagierten zusammentun. Und gerne kann man sich dazu auch bei Peter Bernd melden (peter.bernd@pfarrei-buchs.ch).

Es ist an der Zeit, dass die Präsenz «expliziter» Kirche für Menschen in den Pastoralräumen zum Thema wird und sie zusammenführt. Dabei wird die Frage virulent, da viel von der Sichtbarkeit von Menschen samstags stattfindet, wo Kirche sich künftig samstags zeigt, wenn sie sich mit gängigen Gottesdienstzeiten an Samstagen für solches Engagement selbst blockiert bzw. eine faktische «Hierarchie» von kirchlicher Sichtbarkeit praktiziert. Christenmenschen in Biel/Bienne haben in das Leitbild ihres Pastoralraumes hineingeschrieben, dass Kirche samstags grundsätzlich auch auf der Straße stattfindet, Liturgie und Verkündigung mit Bezug darauf am Sonntag, dem subversiven Tag der Christ:innen, an dem sie feiernd die Erlösung aus jedweder Form von Sklaverei von Menschen und Natur ansagen.

Peter Bernd


Globaler Klimastreik – 11.04. – 17.00 – Aarau: Bahnhofplatz


Zitate aus der Enzyklika Laudato Si von Papst Franziskus:

Es gibt nicht zwei Krisen nebeneinander, eine der Umwelt und eine der Gesellschaft, sondern eine einzige und komplexe sozio-ökologische Krise. Die Wege zur Lösung erfordern einen ganzheitlichen Zugang, um die Armut zu bekämpfen, den Ausgeschlossenen ihre Würde zurückzugeben und sich zugleich um die Natur zu kümmern. (Nr. 139)

Wir kommen jedoch heute nicht umhin anzuerkennen, dass ein wirklich ökologischer Ansatz sich immer in einen sozialen Ansatz verwandelt, der die Gerechtigkeit in die Umweltdiskussionen aufnehmen muss, um die Klage der Armen ebenso zu hören wie die Klage der Erde. (Nr. 49; Hervorhebungen im Original)

Es wird keine neue Beziehung zur Natur geben ohne einen neuen Menschen. Es gibt keine Ökologie ohne eine angemessene Anthropologie. (Nr. 118)

Der Markt von sich aus gewährleistet aber nicht die ganzheitliche Entwicklung des Menschen und die soziale Inklusion. Unterdessen verzeichnen wir «eine Art verschwenderische und konsumorientierte Überentwicklung, die in unannehmbarem Kontrast zu anhaltenden Situationen entmenschlichenden Elends steht». (Nr. 109)

Folglich muss der gesamte ökologische Ansatz eine soziale Perspektive einbeziehen, welche die Grundrechte derer berücksichtigt, die am meisten übergangen werden. Das Prinzip der Unterordnung des Privatbesitzes unter die allgemeine Bestimmung der Güter und daher das allgemeine Anrecht auf seinen Gebrauch ist eine «goldene Regel» des sozialen Verhaltens und das «Grundprinzip der ganzen sozialethischen Ordnung». Die christliche Tradition hat das Recht auf Privatbesitz niemals als absolut und unveräußerlich anerkannt und die soziale Funktion jeder Form von Privatbesitz betont. (Nr. 93)

Wir wissen, dass das Verhalten derer, die mehr und mehr konsumieren und zerstören, während andere noch nicht entsprechend ihrer Menschenwürde leben können, unvertretbar ist. (Nr. 197)

Die Zitate im Text der Enzyklika sind für die näher Interessierten in allen gängigen Ausgaben von Laudato Si nachgewiesen.

(Beitragsfoto: P. Bernd, Klimademo in Bern, 30.09.2023)